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Terrorwarnung! Warum stellen kritische Journalisten keine Fragen?

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Die Terrorwarnung in München Silvester 2015 beruhte auf Informationen von Nachrichtendiensten. So viel steht fest.  Daher ist es an der Zeit, sich einmal einige Gedanken zu machen.  Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die deutschen Nachrichtendienste, was den rechten Terrorismus in Deutschland angeht, bekanntlich bis heute kläglich versagen.

Auffällig ist, wie unkritisch Journalisten trotzdem Hinweisen von Nachrichtendiensten Glauben schenken. Hängt es damit zusammen, dass einige von ihnen gute Beziehungen zu ihnen unterhalten, um exklusive Informationen zu generieren? Was zur Folge hat, dass die Informationen der Dienste als seriöse Informationen verkauft werden oder zumindest diesen Eindruck entstehen lassen.

Richtig ist, dass Nachrichtendienste manchmal tatsächlich seriöse Informationen liefern. Ebenso richtig ist jedoch, dass auch das Gegenteil der Fall ist. Fast immer jedoch wollen Dienste, wenn sie mit Journalisten kooperieren, ein bestimmtes politisches Ziel erreichen. Und die latente Angst vor dem IS-Terrorismus ist so ein Instrument der politischen Instrumentalisierung. Wenn es zum Beispiel um Flüchtlinge geht. Die bayerische Staatsregierung und ihr Innenminister wissen die entsprechende Klaviatur perfekt zu spielen.

Ein Teil der Informationen zum geplanten Münchner Terroranschlag, so die Süddeutsche Zeitung vom 2. Januar 2016, stammte von einem irakischen Geheimdienst. Informant war demnach ein Mann, der im irakischen Gefängnis sitzt. Er wurde von einem BND-Mitarbeiter befragt – im Gefängnis, so die Süddeutsche Zeitung. „Auch die Namen von mehreren angeblichen Terroristen, allesamt Syrer oder Iraker, wurden genannt. Der Hinweisgeber war vom BND selbst befragt worden, seine Aussagen waren als glaubwürdig eingestuft worden.“

Doch wie glaubwürdig sind eigentlich seine Informationen? In den irakischen Gefängnissen ist Geständniserzwingung unter Folter bekanntlich eher an der Tagesordnung.  Und in Erinnerung ist noch der Ausbruch des Irak-Krieges, ausgelöst durch den BND-Agenten Curveball. Später stellte sich heraus, dass dessen Informationen schlichtweg erfunden waren.  Die Folge war der US-Krieg gegen den Irak mit hundertausenden Toten und der Entstehung des IS.  Alles vergessen? Und nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 2. Januar 2016 kam ein Hinweis „vor ein paar Tagen aus den Vereinigten Staaten. Den deutschen Sicherheitsbehörden lagen auch aus dem Geheimdienstbereich detaillierte Informationen zu Namen, Orten und einem möglichen Tatablauf vor.“

Es müsste doch eigentlich stutzig machen, dass bis zum 31. Dezember 2015 im Prinzip für die Sicherheitsbehörden genügend Zeit vorhanden war, um all diese Informationen zu überprüfen. Denn wenn es heißt „vor ein paar Tagen“, dann haben entweder die deutschen Sicherheitsbehörden versagt oder die Quellen galten als nicht glaubwürdig. Aber warum plötzlich dann am 31. Dezember 2015? Oder unterliege ich hier einem Trugschluss?

Fakt ist jedenfalls, das erklärte der Münchner Polizeipräsident, dass bislang nicht einmal klar ist, ob es die von den Nachrichtendiensten genannten Terroristen überhaupt gibt.

Und die IS-Terroristen? Wie glaubhaft ist, dass ein fanatischer Selbstmordattentäter, der nur zerstören und morden will, sich durch massive Polizeipräsenz am Hauptbahnhof abhalten lässt? Wer das Ziel der Zerstörung vor sich hat, sich entsprechend religiös vorbereitet hat, der sucht sich doch einfach einen anderen Platz in München, um seine Mission zu erfüllen. Daher stellt sich zwangsläufig die Frage, welches politische Ziel so mancher internationale Nachrichtendienst verfolgt.

Nun weiß man eigentlich auch, dass – wie bei der Polizei – Quellen von Nachrichtendiensten eine Art Karussell fahren. Ein Nachrichtendienst, ob der französische, der amerikanische oder wer auch immer, verfügt über die exklusive Quelle. Und die wird dann von anderen ausländischen Diensten widergekaut, ohne sie selbst noch einmal zu überprüfen.

Der Grünen-Abgeordnete Ströbele immerhin schaut kritisch auf diese Ereignisse: „Vor allem kann ich nur immer wieder daran erinnern, dass Geheimdienstinformationen stets unsicher sind und auf sie allein weitgehende politische Entscheidungen in aller Regel nicht gestützt werden können.“

Und eigentlich müsste nun einmal der Innenausschuss des Bundestages sowohl die Terrorwarnung von Hannover wie die von München genau überprüfen, insbesondere was die Seriosität der nachrichtendienstlichen Quellen angeht.


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